Heilpflanzenlexikon
Hier erhalten Sie einen Überblick über wichtige Heil- und Arzneipflanzen
Die vorliegende Übersicht bietet eine strukturierte Zusammenstellung der wichtigsten Arzneipflanzen, die in Deutschland in pflanzlichen Arzneimitteln (Phytopharmaka) als Wirkstoff enthalten sind. Die Monographien enthalten Angaben zu den Pflanzen, zu deren arzneilich genutzten Pflanzenteilen (= Droge im pharmazeutischen Sinne) und Angaben zu den Inhaltsstoffen sowie detaillierte Informationen über die medizinische Anwendung der Pflanzen bzw. Drogen. Weiterhin wird auf die Dosierung und die Zubereitung von Teeaufgüssen eingegangen. Auch werden die notwendigen Warnhinweise gegeben und auf Neben- und Wechselwirkungen hingewiesen.
Die Angaben wollen und können jedoch keine ausschließliche Anleitung zur Selbsttherapie bieten. Bitte lassen Sie sich im Erkrankungsfalle von Ihrem Arzt, Heilpraktiker oder in Ihrer Apotheke beraten.
L
- Latsche
Botanische Bezeichnung
Latsche, Legföhre, Berg-Kiefer – Pinus mugo Turra
Familie
Kieferngewächse (Pinaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Latschen bilden an der Waldgrenze der nördlichen Kalkalpen undurchdringliche Gürtel aus strauchigen, dickästigen Bäumen und bilden so einen effektiven Lawinenschutz. Ihre nahe am Boden liegenden Äste (Name: Legföhre) steigen am Ende bogig auf. Im Talgrund und auf Mooren werden sie bis zu 10 m hoch. Die stumpflichen Nadeln sind 2 bis 5 cm lang und stehen paarweise an Kurztrieben, die den Zweig flaschenbürstenartig ummanteln. Die Zapfen sind ei- oder kegelförmig, stehen zunächst aufrecht, später waagerecht bis leicht nach hinten abstehend.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Die Pflanze selbst wird nicht verwendet, sondern das daraus gewonnene „Latschenkiefernöl“ (auch Latschenöl). Es ist ein ätherisches Öl und wird aus den frischen, zerkleinerten Zweigen und den anhängenden Nadeln 5 bis 7 Jahre alter Bäume durch Wasserdampfdestillation gewonnen.
Inhaltsstoffe der Droge
Latschenkiefernöl besteht aus Monoterpen-Kohlenwasserstoffen, hauptsächlich aus Pinen, Caren, Myrcen, Phellandren und Limonen.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität des Latschenkiefernöls (Pini pumilionis aetheroleum) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische AnwendungAnerkannte medizinische Anwendung
Äußerlich zur Behandlung rheumatischer Beschwerden (Wärmetherapie) und bei Nervenschmerzen. Zur Inhalation bei Erkältungen der Luftwege.Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
Latschenkiefernöl in alkoholischen Lösungen (auch Zusatz zu Franzbranntwein), Salben, Cremes und Bädern (Erkältungsbad) zur äußeren Anwendung
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Äußerlich: Zur Inhalation einige Tropfen Latschenkiefernöl auf heißes Wasser geben und inhalieren. 5 g Öl als Badezusatz in ein Vollbad (35 – 38°C) geben und 10 bis 20 Min. darin baden.Hinweise
Latschenkiefernöl nicht anwenden bei Bronchialasthma und Keuchhusten und nie im Bereich der Augen. Bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu 2 Jahren Gefahr Glottiskrampf oder Atemstillstand, deswegen nicht im Gesicht auftragen
Nebenwirkungen
Gelegentlich Hautreizungen und Ekzeme
Wechselwirkungen
Keine bekannt
- Lavendel
Botanische Bezeichnung
(Echter) Lavendel – Lavandula angustifolia Mill.
Familie
Lippenblütler (Lamiaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Der Wärme liebende Lavendel ist im Mittelmeergebiet heimisch und wird dort auch in größerem Umfang kultiviert. Der Name „Lavandula – Lavendel“ leitet sich von seiner schon früher verbreiteten Verwendung als wohlriechender Zusatz zum Badewasser her (lat. lavare = waschen). Das Artepitheton angustifolia (lat. = schmalblättrig) bezieht sich auf seine schmalen Blätter.
Der angenehm aromatisch-duftende Lavendel ist ein 30 bis 60 cm hoher Halbstrauch mit ca. 5 cm langen, schmalen, blaugrünen Blättern. Die unteren Blätter sind weißfilzig behaart, ihr Rand ist mehr oder weniger eingerollt. Die Blüten sitzen in dichten Quirlen am Ende eines langen Stängels und bilden dort eine Scheinähre. Die blau-violetten Blütenkrone bestehen aus einer zweilappigen Oberlippe und einer etwas kleineren dreilappigen Unterlippe. Damit schauen sie aus dem röhrenförmigen, ovalen, blaugrauen Kelch heraus. Beim Trocknen fällt die Blütenkrone leicht ab oder schrumpft stark ein, sodass nur noch die Kelche zu erkennen sind. Die Lavendelfelder blühen Ende Juli bis in den August hinein.Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die vom Stängel abgestreiften Blüten mit ihrem angenehm süßlichen Duft. Er wird durch ein ätherisches Öl verursacht, das in Drüsenschuppen auf der Oberfläche der Blüten enthalten ist. Beim Zerreiben verletzt man diese Drüsen und setzt so das ätherische Öl frei.
Die im Handel befindliche Droge stammt aus Frankreich, Spanien und Osteuropa.Inhaltsstoffe der Droge
Lavendelblüten enthalten ätherisches Öl („Lavendelöl“) mit hauptsächlich Linalylacetat und Linalool; außerdem Lamiaceen-Gerbstoffe
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:
- Lavendelblüten (Lavandulae flos)
- Lavendelöl (Lavandulae aetheroleum)
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Innerlich bei Unruhezuständen, Einschlafstörungen und depressiven Verstimmungen. Außerdem bei Bauchbeschwerden wie nervöser Reizmagen, Blähungen, nervösen Darmbeschwerden, Roehmheld-Syndrom. Äußerlich in Form von Bädern bei Kreislaufbeschwerden (Kommission E, ESCOP).
In der Aromatherapie wird Lavendelöl zur Beruhigung – auch gerne von Hebammen bei der Geburtshilfe – eingesetzt. Es ist auch ein gutes Repellent (Mücken abweisendes Mittel). Dazu unverdünnt oder mit Alkohol 1:1 gemischt auftragen.Traditionelle Anwendung
Lavendelöl als Bad zur Besserung des Befindens bei Erschöpfungszuständen; Lavendelblüten werden in Kombination mit anderen Drogen traditionell zur Unterstützung der Verdauungsfunktion und zur Besserung des Befindens bei Unwohlsein angewendet (traditionelle Anwendung nach § 109a).
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- Lavendelblüten als Tee, auch als Teebeutel und in Kombination mit anderen Drogen
- Lavendelöl in Bädern
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: Erwachsene, Jugendliche und Kinder mehrmals täglich 1 Tasse Lavendeltee warm trinken.
Lavendelöl: Erwachsene und Jugendliche können mehrmals tägl. 1 – 4 Tropfen auf einem Stück Zucker oder in Wasser einnehmen.
Als Badezusatz werden 10 bis 100 g Lavendelblüten auf ein Vollbad verwendet.Bereitung eines Teeaufgusses
1 bis 2 Teelöffel (0,8 bis 1,6 g) Lavendelblüten mit 150 mL heißem Wasser übergießen (nicht kochen!), 5 bis 10 Min. ziehen lassen und abseihen. Den Tee für Kinder (4-10 Jahre) mit 1 g Droge zubereiten.
Hinweise
Ätherische Öle, so auch Lavendelöl, nie bei Säuglingen und nie im Bereich der Augen anwenden.
Nebenwirkungen
Keine bekannt
Wechselwirkungen
Keine bekannt
- Lein
Botanische Bezeichnung
(Saat)-Lein oder Flachs – Linum usitatissimum L.
Familie
Leingewächse (Linaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Der Saat-Lein ist nur als Kulturpflanze bekannt. Er kommt in vielen verschiedenen Kulturformen vor und liefert die Leinsamen, das Leinöl und die Leinfaser. Als Stammpflanze gilt der nahe verwandte, im Mittelmeergebiet wachsende Wildlein L. angustifolium Huds. Der Saat-Lein gedeiht praktisch weltweit mit Ausnahme der äquatorialnahen Ländern. Auch kann er bis zu einer Höhe von 1800 m angebaut werden. Der Ertrag an Leinsamen und Leinfaser ist allerdings stark von den klimatischen Bedingungen abhängig.
Der Gattungsname ist eine direkte Übersetzung von lat. ‚linum’ (= Lein, Flachs), usitatissimum stellt den Superlativ des lateinischen Wortes ‚usitatus’ (= gewöhnlich, gebräuchlich), abgeleitet von lat. ‚usus’ (= Gebrauch, Nutzen), dar und macht damit den hohen Nutzen dieser Pflanze deutlich.
Der Saat-Lein ist einjährig, wird ca. 1 m hoch und wirkt wegen seiner dünnen, schmal lanzettlichen, zugespitzten Blätter sehr zart. In den Blattachseln der oberen Blätter stehen rispig angeordnet die himmelblauen, 5-strahligen Blüten. Die Frucht reift zu einer 10-fächrigen Kapsel heran mit je einem braunen Samen. Je nach Kultursorte können die Blüten auch weiß, hellblau oder lila sein; Blütezeit ist Juni/Juli.Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die reifen, hellbraunen bis rötlichbraunen Samen. Die Droge stammt aus Kulturen in Marokko, Argentinien, Belgien, Ungarn und Indien.
Inhaltsstoffe der Droge
Leinsamen enthalten in der Samenschale Schleimstoffe, im Endosperm fettes Öl mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität der Leinsamen (Lini semen) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische AnwendungAnerkannte medizinische Anwendung
Innerlich bei wiederholt auftretender Verstopfung, bei durch Abführmittelmissbrauch geschädigtem Darm, außerdem bei Colon irritabile und Diverkulitis. Als Schleimzubereitung bei Gastritis (Magenentzündung) und Enteritis (Darmentzündung). Äußerlich als heißer Breiumschlag (Kataplasma) bei Hautentzündungen (Kommission E, ESCOP).
Das HMPC hat die innerliche Anwendung von Leinsamen bei wiederholt auftretender Verstopfung und zur Erweichung des Stuhls als „medizinisch allgemein anerkannt“ („well-established medicinal use“) akzeptiert. Dagegen wurde Leinsamen, der nur zur Schleimzubereitung dient, vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe auch „traditionelle Anwendung“).Traditionelle Anwendung
Leinsamen zur Schleimzubereitung und die Schleimzubereitung selbst wurde vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langer Tradition kann der Schleim des Leinsamens für die symptomatische Linderung leichter Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt werden.
Leinsamen wird traditionell angewendet zur Vorbeugung gegen Darmträgheit (traditionelle Anwendung nach § 109a).Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- ganzer oder aufgebrochener Leinsamen
Dosierung
Bei Verstopfung 2- bis 3-mal täglich 1 Esslöffel (ca. 10 g) unzerkleinerten oder geschroteten Leinsamen mit reichlich Flüssigkeit (!) einnehmen. Der Leinsamen kann auch in Wasser vorgequollen eingenommen werden. Während der Therapie mit Leinsamen muss in jedem Fall eine reichliche Flüssigkeitszufuhr gewährleistet sein. Zur Bereitung des Schleims werden 5 bis 10 g Leinsamen mit kaltem Wasser 20 bis 30 Min. stehen gelassen. Danach wird die Flüssigkeit abgegossen. Für die äußerliche Anwendung als Umschlag werden 30 bis 50 g gemahlener Leinsamen zu einem feuchtheißen Brei verarbeitet.
Hinweise
Bei Verdacht auf Darmverschluss (Ileus) und Verengung der Speiseröhre und im Magen-Darm-Bereich sowie bei akut entzündlichen Darmerkrankungen und Erkrankungen der Speiseröhre und des Mageneingangs darf Leinsamen nicht eingenommen werden. Die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen fehlender Erfahrung nicht empfohlen.
Nebenwirkungen
Bei Beachtung der erhöhten Flüssigkeitszufuhr sind keine Nebenwirkungen zu erwarten, allenfalls Blähungen.
Wechselwirkungen
Leinsamen soll ½ bis 1 Stunde vor oder nach der Einnahme von anderen Arzneimitteln eingenommen werden, da sich ansonsten die Aufnahme anderer Arzneimittel aus dem Magen-Darm-Trakt verzögern kann.
- Linde
Botanische Bezeichnung
Winter-Linde – Tilia cordata Mill.
Sommer-Linde – Tilia platyphyllos Scop.Familie
Lindengewächse (Tiliaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Die Winter- und Sommerlinde sind in Europa weit verbreitet und als beliebte Straßen- und Parkbäume überall präsent. Sie blühen erst nach der vollständigen Belaubung, die Sommerlinde im Juni, die Winterlinde erst im Juli. In der Hitze des Sommers riecht man dann auf weiten Strecken den Honigduft des am Grunde der Kelchblätter reichlich abgesonderten Nektars, womit Bienen und andere Insekten angezogen werden. Deshalb hieß der Juli früher auch „Lindenmonat“. Vermutlich stammt der Name „Linde“ von ihrem weichen Holz oder biegsamen Bast, der früher von Lindenästen und Lindenstämmen als Bindematerial gewonnen wurde (mundartlich ‚Lind’ = Bast). Das Artepitheton der Winterlinde cordata nimmt auf das herzförmige Blatt Bezug und leitet sich von lat. ‚cor’ (= Herz) bzw. ‚cordatus’ (= herzförmig) ab. Das Artepitheton der Sommerlinde platyphyllos stammt von griech. ‚platys’ (= breit) und ‚phyllon’ (=Blatt).
Es handelt sich um hohe Bäume (bis 40 m) mit charakteristischen, rispenartigen Blütenständen. Die Blüten sind gelb-weißlich und haben als auffallendes Merkmal zahlreiche (bis zu 40) Staubblätter. Bei der Winterlinde sind 4 bis 15 Blüten, bei der Sommerlinde 2 bis 5 Blüten zu einem rispenartigen Blütenstand vereinigt. Ein flügelartiges, häutiges Vorblatt, zur Hälfte mit dem Rispenstiel verwachsen, wirkt beim Abfallen der Früchte wie ein Propeller, sodass sie lange durch die Luft schweben und so vom Wind verbreitet werden können.Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die getrockneten Blütenstände der Winter- und der Sommerlinde. Die Droge des Handels stammt aus den Balkanländern, der Türkei und aus China.
Inhaltsstoffe der Droge
Lindenblüten enthalten Flavonoide, Schleimstoffe, Gerbstoffe und ätherisches Öl.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität der Lindenblüten (Tiliae flos) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische AnwendungAnerkannte medizinische Anwendung
Bei Erkältungskrankheiten und damit verbundenem trockenen Reizhusten (Kommission E).Traditionelle Anwendung
Traditionell angewendet in Kombination mit anderen Drogen zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege (traditionelle Anwendung nach § 109a).
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
Zerkleinerte Lindenblüten als Tee
Dosierung
Teeaufguss: 2 bis 4 mal täglich eine Tasse Lindenblütentee möglichst heiß trinken (Schwitzkur); mittlere Tagesdosis 2 bis 4 g Droge. Sinnvoll ist eine Kombination mit anderen Drogen (Erkältungstee).
Bereitung eines Teeaufgusses
1 bis 2 g Lindenblüten mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 5 bis 10 Min. abseihen.
Hinweise
Für die Anwendung von Lindenblüten während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie für Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren liegen noch keine Erfahrungen zur Unbedenklichkeit vor.
Nebenwirkungen
Keine bekannt
Wechselwirkungen
Keine bekannt